„Wir müssen die Preiserhöhungen weitergeben“ - 4.4.22

Händler, Lebensmittelproduzenten und -verarbeiter aus der Region sagen, was auf die Kunden zukommt

Leere Regale gibt es auch vereinzelt in Supermärkten der Region. „Wäre das Kaufverhalten normal, hätten wir volle Regale“, sagt der Vertriebsleiter eines Lebensmittel-Großhändlers. (Foto: IMAGO/Martin Wagner)

Von Gerd Mägerle
Biberach


In den Läden zum Teil leere Regale, dazu steigende Preise: Müssen wir damit rechnen, dass die Lebensmittelsicherheit infolge des Ukrainekriegs auch in der Region nicht mehr gegeben ist? Und wohin entwickeln sich die Preise? Darum drehte sich eine Diskussion mit Lebensmittelhändlern, -verarbeitern und -produzenten, zu der der CDU- Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger am Freitag in die Räume der Kreishandwerkerschaft geladen hatte. Das sind die wichtigsten Aussagen.

Warum sind einige Produkte (Speiseöl, Mehl, Toilettenpapier) vergriffen oder nur in kleinen Mengen vorhanden?

„Wenn alle vernünftig eingekauft hätten, dann hätten wir diese Knappheiten nicht“, sagt Elmar Engel vom Rewe-Markt Engel in Biberach. Einzelne Produktgruppen könne er aktuell im Rewe-Lager nicht mehr frei bestellen. Die verfügbaren Mengen würden zentral den einzelnen Märkten zugeteilt. Wie bereits in der Corona-Pandemie zahle sich die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern aus. „Wir haben Rapsöl verfügbar und ein Müller aus Munderkingen sagt mir, dass er genug Mehl habe“, so Engel. Es gebe aus seiner Sicht keine Knappheit, allerdings kauften manche Kunden Mengen ein, die sie gar nicht verbrauchen können. Für ihn sei das eine unverständliche Hysterie, sagt Engel.

Aufgrund dieses Einkaufsverhaltens habe man die Belieferung von Lebensmittelläden mit bestimmten Waren gedeckelt, bestätigt Jens Schröder, Vertriebsleiter beim Lebensmittel-Großhandel Utz in Ochsenhausen. „Wir haben zehn Paletten Sonnenblumenöl bestellt, gekommen sind zehn Kartons.“ Auch er sieht bei manchen Kunden eine Form von Hysterie. „Wäre das Kaufverhalten normal, dann hätten wir volle Regal“, sagt Schröder.

Warum werden die meisten Lebensmittel plötzlich so viel teurer?

Dies habe mit den steigenden Energiekosten zu tun, so Schröder. „Wir rechnen mit rund 400.000 Euro mehr Kosten für Diesel für unsere 16 Lkws in diesem Jahr. Das führt zu höheren Preisen.“ So habe der Discounter Aldi für diesen Montag die nächsten deutlichen Erhöhungen angekündigt. „Wir müssen die Preiserhöhungen ebenfalls weitergeben. Keiner hat so viel Luft in seinen Margen, dass er das einfach schluckt. Am Ende zahlt es der Verbraucher. “, sagt Schröder. Der Preis von einem Euro für eine Brezel werde kommen, ist er sicher.

„Ein Euro für eine Brezel ist nicht unrealistisch“, bestätigt Alexander Keim, Obermeister der Bäcker-Innung im Kreis Biberach. „Noch kenne ich in Biberach keinen Bäcker, der das verlangt, aber wir liegen bereits bei 90 Cent.“ Auch er müsse zum Beispiel die gestiegenen Gaskosten gegenfinanzieren. „Ich bekomme jeden Tag Rechnungen mit Preiserhöhungen.“

Als Lebensmittelverarbeiter laufe er den Preisen hinterher, sagt Franz Sax, Metzgermeister aus Schwendi. „Bei Metzgereiprodukten wird als erstes gespart“, so seine Beobachtung. Hochpreisige Artikel würden aktuell eher nicht mehr gekauft. „Der Kunde hat nur ein Budget, das er ausgeben kann. Und wenn der Sprit teurer wird, dann kauft er weniger beim Metzger. Wenn ich teurer werde, schade ich meinem Geschäft, aber auch ich muss die Preise erhöhen“, sagt Sax. In den Supermärkten gehe der Trend dahin, dass die Kunden öfter zu den billigen Eigenmarken der Supermarktketten greifen, so die Beobachtung von Engel und Schröder.

Als Leidtragende dieser Preisspirale sehen sich die Landwirte. „Wir stehen am Ende der Kette und sind die Gelackmeierten. Wir können die höheren Kosten an niemanden weitergeben“, sagt Martina Magg-Riedesser vom Vorstand des Bauernverbands Biberach-Sigmaringen. Wenn das so weitergehe, würden demnächst viele kleine Betriebe auf der Strecke bleiben. Dann sehe sie eine Gefahr für die Versorgungssicherheit. „Wenn wir die Produkte unter den Produktionskosten verkaufen, dann gibt's uns bald nicht mehr.“

Auch die aktuelle Knappheit an Mineraldünger lasse die Erträge sinken, sagt Alexander Keller, ebenfalls im Vorstand des Bauernverbands. „Wer jetzt gerade keinen Dünger hat, guckt in die Röhre.“ Die Verbraucher müssten sich auf Dauer auf ein höheres Preisniveau einstellen, „ansonsten kollabiert das System“.

Wie ließe sich die Situation verbessern?

Joachim Barth vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter fordert, die Vernichtung von Lebensmitteln zu reduzieren - sowohl vor dem Verkauf, weil sie bestimmte Qualitätskriterien nicht erfüllten - als auch in den Haushalten, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen sei. „Wir leben in einer hemmungslosen Wegwerfgesellschaft“, so Barth. Da sei auch die Politik gefordert. Die CDU werde dieses Thema in diesem Jahr aufgreifen, sicherte Dörflinger zu.

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Biberach vom 4.4.2022

Diskussionsteilnehmer

(vlnr.): Thomas Dörflinger MdL, Alexander Keim (Obermeister Bäcker Innung Biberach), Jens Schröder (Leiter Vertrieb u. Marketing Utz Lebensmittel GmbH), Joachim Barth (Vorstand Bund deutscher Milchviehhalter e.V. Kreis Biberach), Martina Magg-Riedesser (1. stellv. Vorsitzende Bauernverband Biberach-Sigmaringen), Alexander Keller (stellv. Vorsitzender Bauernverband Biberach-Sigmaringen), Franz Sax (stellv. Obermeister Metzger Innung Biberach), Elmar Engel (REWE Biberach Riedlinger Straße), Franz Manz (Kreishandwerksmeister Kreishandwerkerschaft Biberach). Foto: privat

© 2024 Thomas Dörflinger MdL

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